Geld oder Liebe - Roman by Lilli Beck

Geld oder Liebe - Roman by Lilli Beck

Autor:Lilli Beck [Beck, Lilli]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau
veröffentlicht: 2014-12-01T23:00:00+00:00


10

Zwei Tage später sitzen wir nachmittags zur gewohnten Teestunde wieder gemütlich am Kamin. Langsam wird’s brenzlig, denn es fehlt immer noch eine halbe Million. Auch die 50 000 können wir vermutlich abschreiben. Wie wir gestern aus Zeitung und Lokalfernsehen erfahren mussten, ist Bongard spurlos verschwunden. Er wird beschuldigt, Falschgeld über die Bank zu waschen, sowie Kunden im großen Stil betrogen zu haben. Ich war sprachlos. Margot hielt es für eine Falschmeldung und rief selbst bei der Bank an. Genauere Einzelheiten wollte man ihr zwar nicht verraten, doch die Zeitungsmeldung wurde bestätigt. Bongard sei flüchtig und würde polizeilich gesucht. Margot hat sich natürlich auch in das neue Konto eingeloggt, es war kein Geldeingang verbucht. Am Telefon erfuhr sie, dass es auch keinen Einzahlungsbeleg gäbe. Für mich ist der Mann ab sofort gestorben.

Erfreulicherweise gibt es auch gute Nachrichten: Ich habe die Kelly-Bag wieder, und die Seniorenvilla hat einen neuen Mitbewohner. Ewer Fuchs. Damit er nicht noch einmal irgendwo einbrechen oder sonstige Straftaten begehen muss, zu denen ihm jegliches Talent fehlt, durfte er eines der Dachgeschosszimmer beziehen. Auf Probe, wie er selbst sagt, bis er seine Firma, den »Aufsperr-Fuchs«, verkauft hat. Mit dem Erlös beabsichtigt er, sich in die Seniorenvilla einzukaufen. Ob der Verkauf aber so schnell über die Bühne geht, dass wir davon profitieren, davon kann ich nur träumen. Es ist zwar unökonomisch, den gut gehenden Laden zu veräußern, doch er glaubt, dass ihn die Firma ständig an seine verstorbene Frau erinnern würde, die sich um die Büroarbeiten gekümmert habe. Penny hat ihm uneingeschränkt zugestimmt, denn nach dem Schuss ins Knie habe sie ihre Mitgliedschaft im Schützenverein gekündigt und das Vereinsheim nie wieder betreten. Jedenfalls war das die offizielle Version für Ewer, als er nach der Herkunft der Waffe gefragt hat, mit der sie sich verletzt hat.

Im Moment sind Ewer und Wastl damit beschäftigt, eine genaue Liste der anstehenden Reparaturen zu erstellen. Die zwei bilden ein prächtiges Team, wie sich bald herausgestellt hat. Kann uns nur zugutekommen. Ein doppelter Hausmeister ist allemal besser als einer, in dessen Kopf auch noch ein ständiges Wirrwarr herrscht. Vor allem, wenn der neue gelernter Schlosser und handwerklich hochbegabt ist.

»Welche Kosten sind realistisch?«, frage ich Ewer, als er und Wastl uns den zweiseitigen Bericht überreichen.

»Minimum Hunderttausend. Aber nur, wenn wir vieles in Eigenleistung erledigen.«

»Na, hab ich das nicht schon gesagt?«, meldet sich Margot, die Herrscherin aller Zahlen. »Dabei ist das nur geschätzt, meistens endet das locker beim doppelten Betrag, wie bei allen Bauarbeiten. Egal, ob es sich um kleine Baustellen oder Riesenprojekte handelt wie Bahnhöfe oder Hauptstadt-Flughäfen.«

»Tun wir alles selber machen«, versichert Wastl eilig und klopft seinem neuen Partner so begeistert auf die Schulter, dass der fast aus dem Stuhl kippt.

Ich übergebe die handgeschriebenen Berechnungen an Margot, die das Ganze in den Computer tippen und vorzeigefähig ausdrucken wird, um sie Harro zu präsentieren. Aber vorerst tun wir nur so, als ob wir etwas tun. Die Mängelliste dient lediglich zur Argumentationshilfe beim vorgetäuschten Villen-Verkauf. Margot ist tatsächlich eine raffinierte Finte eingefallen, wie wir die Nummer über die Bühne bringen können.



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